Der heilige Konsumrausch: 3 Alternativen für ein nachhaltigeres Weihnachten

Konsumrausch

Ich kämpfe mich durch die Innenstadt.

Mein Ziel ist fokussiert. Schon Wochen vorher habe ich mir den Kopf zerbrochen.

„Wem kann ich was schenken? Wem muss ich was schenken?“

Jetzt habe ich die Liste zusammen. „Aber ist es wirklich das Richtige?“ frage ich mich, während ich mich durch die Menschenmassen schiebe. Das ganze Land scheint im Konsumrausch zu sein. Zu welcher anderen Jahreszeit sind die Innenstädte so voll?

Fakt ist: Im Dezember hat uns das System so sehr im Griff, wie in keinem anderen Monat.

Er ist voll mit Erwartungshaltungen, Traditionen und: Konsum.

Während wir von einem Einkauf zum nächsten hetzen scheint das Gerede von Ruhe und Besinnung sehr weit weg. Wie aus einer anderen Zeit. Könnten wir das Ganze nicht auch anders angehen?

Nein. Es wird erwartet, dass wir Geschenke kaufen. Wir wollen unseren Liebsten ja eine Freude machen.

Nichts kaufen wird so verstanden, als hätten wir nicht an den Anderen gedacht. Aber was hat der Konsumzwang mit Besinnung, Liebe und Ruhe zu tun?

Was steckt hinter dem schenken und beschenkt werden?

Wir Menschen sind soziale Wesen.

Nach Erich Fromms Kunst des Liebens ist das Bedürfnis nach Verbundenheit eines der grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse. Gleichzeitig ist aus der Psychologie bekannt, dass Einsamkeit uns krank macht.

Bereichernde und tiefe Beziehungen sind ein wichtiger Faktor, damit wir uns glücklich fühlen. Nur ist aus dem Wunsch Liebe zu erhalten und zu geben, in unserer materialistisch geprägten Gesellschaft regelrecht ein sozialer Druck entstanden, am Weihnachtsfest Geschenke zu kaufen.

Dadurch erhalten wir soziale Anerkennung und drücken unsere Wertschätzung dem anderen Gegenüber aus. Im Konsumrausch zum Glück? Leider ist das ganze doch nicht so leicht.

Aus der Glücksforschung wissen wir nämlich mittlerweile, dass uns mehr und mehr materieller Besitz, sowie Konsum nicht glücklich machen.

Ebenso wurde untersucht, das erlebnisorientierte Menschen glücklicher sind, als konsumorientierte. Gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen und etwas zu erleben, oder auch einfach ein gutes, tiefes Gespräch, machen uns also glücklicher als Dinge zu besitzen.

Passt das nicht auch viel besser zum Fest der Liebe?

Der Schatten des Konsumrausch’s: Wie der Handel dem Weihnachtsfest sein eigenes Kostüm anzieht

Weihnachten ist ein Konsumfest geworden.

Während wir halb im Konsumrausch, halb in Sorge das richtige für unsere Liebsten zu kaufen durch die vollen Konsumtempel hetzen, feiert sich der Handel. Er ist jedes Jahr aufs Neue stolz auf die Umsatzzahlen.

Mit gezielter Werbung weiß er unsere sozialen Grundbedürfnisse für sich zu nutzen.

Der Zwang zu mehr Wirtschaftswachstum führt dazu, dass das Fest mehr und mehr kommerzialisiert wird.

Das hat sowohl soziale als auch ökologische Folgen. Aspekte, die ungern angesprochen werden, um uns das Fest nicht zu vermiesen, und anderen nicht die Profite.

Unser Ressourcenverbrauch ist auch ohne Weihnachten zu hoch. Wir verbrauchen jährlich mehr Ressourcen, als wieder nachwachsen, wir leben also „auf Pump“. Die stark zunehmende Selbstverständlichkeit, mit der wir Altes immer schneller wegwerfen, anstatt zu reparieren, trägt seinen Teil dazu bei.

Dabei brauchen wir vieles was wir kaufen gar nicht. 30 % aller Lebensmittel die wir kaufen landen im Müll, während es laut einer Greenpeace-Studie fast 2 Milliarden ungetragene Kleidungsstücke in deutschen Schränken gibt.

Hinzu kommen 24 Millionen Weihnachtsbäume und zehn Millionen Weihnachtsgänse, – von den Tonnen an Verpackungsmüll einmal abgesehen. Brauchen wir wirklich das vierte Handy, den zehnten Schal und noch ein Parfum? Oder beeinflusst uns die Werbung vielleicht doch mehr als wir denken?

Und dann gibt es da noch eine weitere unangenehme Frage, die niemand gerne hört.

Die Frage der sozialen Kosten.

Unter was für Arbeitsbedingungen wurden die Produkte die wir verschenken hergestellt? Wurde den ArbeiterInnen die Liebe zu Teil, die ein Kernlement des sogenannten „Festes der Liebe“ sein soll?

Welche Rolle spielt der Konsum wirklich? Zwei Geschichten zum Nachdenken:

1. Der Wichteltag am Arbeitsplatz.

Das Konsumdilemma hat einen Gipfel, den Wichtelabend.

Für einen Maximaleinsatz von fünf Euro schenkt man sich gegenseitig unnütze Dinge. Eine halbe Stunde erfreut man sich an ihnen. Man lacht über lustige Kleinigkeiten oder das unnützeste Geschenk. Vieler dieser kleinen unnützen Dinge landen schon bald auf dem Müll. Konsumrausch für die Mülltonne.

2. Coca Cola und der Weihnachtsmann

Das Gerücht, dass Coca Cola den Weihnachtsmann erfunden hat, ist ein schönes Bildnis dafür, wie die Industrie ein Familienfest für sich entdeckt und zum Konsumfest gemacht hat.

Tatsächlich haben sie ihn zwar nicht erfunden, aber gebrandet.

Niederländische Auswanderer brachten den Sinterklaas-Brauch mit ins heutige New York. Im Laufe der Jahre wurde darauf der amerikanische Santa Claus. Berühmt wurde er durch Coca Cola Werbespots zur Weihnachtszeit und kommt seit da in den Coca Cola Farben daher.

Beim größten Fest der westlichen Welt, geht es eigentlich um die Geburt eines Kindes. Stattdessen zelebrieren wir, wie uns ein bärtiger Mann, der in den Markenfarben eines Konzerns daherkommt, Produkte vorbeibringt, die wir vorher im Konsumrausch gekauft haben.

Nicht weil wir sie brauchen, sondern weil es Brauch ist.

Drei Alternativen für ein nachhaltigeres Weihnachtsfest

Wir wissen jetzt:

  • welche Grundbedürfnisse eigentlich hinter dem Schenken und Beschenkt werden stehen: Es geht um das soziale Miteinander
  • dass die Wirtschaft den Konsumrausch braucht und das Fest kapert um mehr Umsatz zu machen
  • dass unbedachter Konsum im Übermaß auch ökologische und soziale Folgen hat, und dass wir stattdessen nachhaltiger leben sollten
  • dass uns der Fokus auf Materialismus nicht glücklich macht
  • dass stattdessen gemeinsame Erlebnisse und gemeinsam verbrachte Zeit uns und andere glücklicher machen

Wie können wir das Weihnachtsfest nun nachhaltiger gestalten?

1. Zeit statt Zeug

Die Initiative Zeit statt Zeug ist der Meinung, dass zu viel Konsum uns nicht weiterbringt. Stattdessen sind es soziale Kontakte, die uns glücklich machen. Und im Berufsalltag nehmen wir uns oft zu wenig Zeit für die Menschen, die uns am nächsten stehen.

Auch ihr Slogan ist simpel, aber genial wie ich finde:

„Den guten Freunden Schenken wir gemeinsame Zeit. Der Welt weniger Verbrauch.“

Auf ihrer Webseite gibt es dazu schöne Ideen für gemeinsame Zeit, die man verschenken kann. Die Ideen reichen von „Waldluft statt Parfum“ – für eine gemeinsame Wanderung, bis zu „Blumen pflanzen statt Blumenstrauß“.

Auch deine Weihnachtskarten kannst du auf der Seite direkt selbst gestalten und per Mail an die/den Beschenkte/n schicken lassen.

Und das Beste: Das Ganze ist auch noch kostenlos – aber garantiert nicht umsonst.

2. Null-Euro-Weihnachten

Der Slogan scheint auf dem ersten Blick radikal zu sein.

Auch die Nachhaltigkeits-Guerilla richtet sich gegen die Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Mit der Aktion „Null-Euro-Weihnachten“ appelliert sie an die eigene Kreativität. Und hat einen Wettbewerb ausgerufen, wer es schafft am wenigsten an Weihnachten auszugeben.

Die Idee ist zwar schon von 2012, aber aktueller denn je. Die Regeln sind simpel, aber fordern die eigene Kreativität heraus.

„Wer von euch schafft es, Weihnachten für 0€ zu verbringen (oder zumindest annähernd 0€) und dennoch seinen Freunden & der Familie erfreuliches zu bereiten? Postet oder schickt uns gerne eure Recycling- oder Gratis-Geschenkideen!“

3. Verknüpfe das Geschenk mit einem sozialen Element

Du hast den Artikel gelesen und findest das auch alles erstrebenswert, aber deine beste Freundin wäre trotzdem beleidigt wenn du ihr nichts kaufen würdest?

Schenke Bäume!

Du hast ein spannendes Buch im Kopf? Wenn du was im Internet kaufen möchtest, dann unterstütze nachhaltige Plattformen, die einen Teil ihrer Gewinne in soziale oder ökologische Projekte spenden.

Das gleiche gilt für Kleidung. Achte auch hier auf Bioqualität und Langlebigkeit. Im SpiegelDich-Shop findest du dazu T-Shirts mit Botschaften, die zum Nachdenken anregen. Auch hier wird ein Teil der Einnahmen gespendet, an Ärzte ohne Grenzen.

Zu guter Letzt

Wenn du ein Weihnachtsfan bist, dann wünsche ich dir von ganzem Herzen viel Spaß in der kommenden Woche. Wenn dich aber der Konsumzwang hier und da schon mal nachdenklich gestimmt hat, dann kauf einfach nichts. Das ist Freiheit.

Schenke stattdessen dein wertvollstes Gut: Gemeinsame Zeit.

One Comment on “Der heilige Konsumrausch: 3 Alternativen für ein nachhaltigeres Weihnachten”

  1. Hallo.
    Tatsächlich sehr ich das schon lange so und verschenke dieses Jahr selbst gemachtes Gemüsebrühen – Gewürz, Liköre (Eier-&Schoko-) und selbst zusammen gestellte DVDs mit Videos unserer Tochter. Und selbst genähte und selbst gehäkelte Stulpen für die Kinder. Naja, und 4 gekaufte Kleinigkeiten für die Kinder dazu.
    Allerdings sind auch die selfmade – Dinge ja nicht für 0€ eingekauft..
    Achja, und mit 2 anderen Familienmitgliedern gehen wir Essen statt zu schenken..

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